User manual
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Änderungen vorbehalten
Praxisorientierte Auswahl
von Signalleitungsltern
Die durch die ständig steigende Arbeitsgeschwin-
digkeitmodernerDigitallogiküberproportional
wachsenden EMV-Probleme werden seit dem
01.01.1996 allen Anbietern elektrischer und elek-
tronischerProduktedrastischvorAugengeführt.
Die neue Gesetzgebung verschärft zwar nicht
dieStörstrahlungsproblematik,machtaberdie
Auseinandersetzung mit diesen Gegebenheiten
zurPichtfürjedenEntwickler.
DieZeiten, in denen mandie Lösung der Stör-
strahlungsproblematik einfach der EMV-Abteilung
überlassen konnte,oder einProdukt, welches
nichtdirektdurchStörstrahlungsproblemeaufel
unter EMV-Gesichtspunkten als quasi in Ordnung
einstufte, sind längst vorbei. Jeder Entwickler
muss heute schon vom Beginn des Entwurfs an
EMV-Gesichtspunkte mitverfolgen, wenn später
beider Abnahmeein Erfolgüberhauptmöglich
sein soll. Leiterplatten müssen heute anders
entworfen werden als noch vor wenigen Jahren.
EinevernünftigeBreitbandentkopplungderVer-
sorgungsspannung muss schon als Stand der
Technik angesehen werden.
Aber auch der Bereich der Signalleitungen kann
nichtmehrsobleibenwiefrüher.DigitaleSignale
haben Spektren, deren Bandbreite ungefähr
B = 1/(tr ·
π
)
entspricht. Die Flankenzeit tr ist also der bestim-
mendeFaktor.Je kürzerdie Flankenzeit,desto
größerdieBandbreite.Hierbeiistnichtdietabel-
larisch angegebene Bandbreite entscheidend,
sondern nur die tatsächlich vorhandene. Diese
kann sich von der angegebenen sehr erheblich un-
terscheiden. Das hat seinen Grund darin, dass der
tabellarische Wert sich meistens auf kapazitive
Vollast bezieht. In den meisten praktischen Fällen
liegtdieseLastabernichtvor.Eineüberschlägige
Umrechnung ist recht einfach: Halbe kapazitive
Last bedeutet doppelte Flankengeschwindigkeit.
EinBeispielmögediesverdeutlichen:einMikro-
prozessor ist mit 2 ns Anstiegszeit der Flanke
angegeben. Die zugrunde gelegte Last ist 150 pF.
Wenn nun ein Signal dieses Prozessors mit nur
einem CMOS-Gatter, also ca. 12,5 pF, belastet
wird,heißtdies,dassdieFlankeetwazwölfmal
schneller wird. Es muss ein Wert von unter
200 ps erwartet werden. Rechnet man dies in die
entsprechende Bandbreite des Spektrums um,
so erhält man 1,6 GHz. Auch in praktischen Auf-
bauten, in denen noch etwas Schaltungskapazität
hinzukommt, kann man tatsächlich Bandbreiten
vonüber1000MHzmessen.
Unter EMV-Gesichtspunkten betrachtet ist dies
natürlichäußerstschädlich.Dietatsächliche
Flankengeschwindigkeit kann man aber auch bei
modernen CMOS-Schaltungen in den meisten
digitaltechnischenLaborsnichtmessen.Hierfür
müsstenOszilloskopebereitstehen,dieZeiten
von100psauösen können.Diesesindjedoch
nur zu sehr hohen Kosten erhältlich.
FürdieAuösungderdigitalenSystemfunktionen
braucht man diese Geschwindigkeit auch nicht,
weshalb in den o.g. Labors meist wesentlich
langsamere Geräte verwendet werden. Diese
täuschen dem Benutzer Flankenzeiten vor, die
in Wirklichkeit nicht existieren. Im allgemeinen
sieht man nur die Anstiegszeit des Oszilloskops.
Dies legt ein messtechnisches Problem offen:
Diefürdie Beurteilung der EMV-relevanten
Eigenschaften des Systems erforderlichen Mes-
SCALE = 10dB/DIV.
Bild 1
Praxisorientierte Auswahl von Signalleitungsfiltern