Operation Manual
“buch” — 2014/9/6 — 18:56 — page 148 — #144
3 Arbeiten im Terminal
Systemdienste steuern
Nach einem Blick auf die Ergebnisse von ps ax oder pstree fragen Sie sich vielleicht,
woher die vielen Prozesse kommen. Nur wenige Prozessnamen lassen sich selbst gest-
arteten Kommandos oder Programmen zuordnen. Die restlichen Prozesse wurden
automatisch gestartet, während der Rechner hochfuhr. Viele von ihnen sind der gra-
fischen Benutzeroberfläche zugeordnet. Die restlichen Prozesse sind überwiegend
Systemdienste und stellen beispielsweise Netzwerkfunktionen zur Verfügung.
Ein Beispiel dafür ist das Programm
sshd, der Secure-Shell-Dämon. Ein »Dämon« ist
die Unix-typische Bezeichnung für einen Systemdienst.
sshd erlaubt es Ihnen, sich
über das Netzwerk bei Ihrem Raspberry Pi anzumelden (siehe Abschnitt 4.3).
Systemdienste wie
sshd werden normalerweise automatisch gestartet, und es gibt nur
selten die Notwendigkeit, in diesen Automatismus einzugreifen. Wenn dies aber doch
der Fall ist, hilft Ihnen das Kommando
service, Sy stemdienste zu starten, zu stoppen,
neu zu starten etc. Die Syntax für
service sieht so aus:
sudo service dienstname aktion
Aktion Bedeutung
start startet den Systemdienst.
stop stoppt den Systemdienst.
restart startet den Systemdienst neu.
reload fordert den Dienst auf, die Konfiguration neu einzulesen.
status zeigt den Zustand des Dienstes an.
Tabelle 3.11 »service«-Aktionen
Wenn Sie also die Konfiguration von sshd geändert haben und möchten, dass das
Programm die geänderten Einstellungen berücksichtigt, führen Sie das folgende
Kommando aus:
service ssh reload
Vielleicht fragen Sie sich, warum es nicht service sshd reload heißt. Das ist zuge-
gebenermaßen inkonsequent und liegt daran, welchen Namen die sogenannten
Init-Scripts haben. Das Init-Script für
sshd hat den Namen ssh. Wenn Sie nicht wis-
sen, wie das Init-Script für ein bestimmtes Programm heißt, werfen Sie einen Blick
in das Verzeichnis
/etc/init.d. Was Init-Scripts überhaupt sind, ist in Abschnitt 5.7
beschrieben.
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3.10 Netzwerkkommandos
Manche Systemdienste unterstützen die Aktion reload nicht. In solchen Fällen müs-
sen Sie
restart ausführen. Bei Netzwerkdiensten hat restart aber den Nachteil, dass
alle gerade aktiven Verbindungen unterbrochen werden.
Die mit
service durchgeführte Aktion wird unmitt elbar ausgeführt. Beim nächs-
ten Neustart des Raspberry Pi gelten aber wieder die Defaulteinstellungen für den
Systemdienst. Unter Debian und somit auch unter Raspbian ist es üblich, dass ein-
mal installierte Systemdienste standardmäßig gestartet werden. Wollen Sie das nicht,
besteht die einfachste Lösung darin, das betreffende Paket zu deinstallieren. Alterna-
tiv dazu können Sie mit
insserv -r den automatischen Start unterbinden.
insserv -r ssh
Wenn Sie sich später dafür entscheiden, dass sshd wieder standardmäßig gestartet
werden soll, aktivieren Sie den Systemdienst mit
insserv erneut (diesmal also ohne
die Option
-r):
insserv ssh
3.10 Netzwerkkommandos
Netzwerkstatus ermitteln
Das Kommando ip addr liefert eine Liste aller bekannten Netzwerkschnittstellen
und gibt an, welche IP-Adressen ihnen zugeordnet sind. Die Ausgaben im folgenden
Beispiel sind so zu interpretieren: Die Loopback-Schnittstelle
lo ist wie auf jedem
Linux-System mit der IP-Adresse 127.0.0.1 verbunden. Diese Schnittstelle ermöglicht
es, dass Programme des Raspberry Pi miteinander über Netzwerkprotokolle kommu-
nizieren können. Dazu muss es keine Netzwerkverbindung nach außen geben.
Die Ethernet-Schnittstelle
eth0 hat die IP-Adresse 10.0.0.8. Das ist vermutlich die
wichtigste Information für Sie, weil Ihr Raspberry Pi unter dieser Adresse im lokalen
Netzwerk erreichbar ist.
ip addr zeigt schließlich noch die Schnittstelle wlan0 an, aller-
dings ohne IP-Adresse. Das kann daran liegen, dass die WLAN-Verbindung noch nicht
konfiguriert ist oder dass es momentan keine WLAN-Netze in Funkreichweit e gibt.
Fortgeschrittenen Linux-Anwendern wird vielleicht auffallen, dass
ip addr keine IPv6-
Daten anzeigt, wie dies unter anderen Linux-Distributionen üblich ist. Das liegt daran,
dass IPv6 auf dem Raspberry Pi standardmäßig deaktiviert ist. Wie Sie das bei Bedarf
ändern können, erfahren Sie in Abschnitt 4.9.
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