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ENGAGEMENT
Petzl, Ausrüstung für die vertikale Fortbewegung
... Der Erfolg der ersten Hilfsmittel für den Aufstieg am Seil weitet sich schon bald auch
auf andere Bereiche aus. Bergsteiger, denen bislang nur eine recht spartanische Ausrüstung zur
Verfügung stand, beginnen sich für die kleinen Schmuckstücke aus Metall zu interessieren.
1968 kommt der aus Marseille stammende Kletterer Bernard Amy vor seinem Aufbruch
zum Ostpfeiler des Fitz Roy in Patagonien in die Werkstatt, um sich mit Abseilgeräten
einzudecken. Die Expedition ist nicht von Erfolg gekrönt, aber die Geräte ermöglichen
es dem Team, an den auf diesem schwierigen Granitgipfel installierten Hunderte Meter
langen Fixseilen entlang umzukehren. Zwei Jahre später wird Fernand angesprochen,
um die berühmten Biwak-Plattformen des Makalu zu entwerfen.
Durch diese Begegnungen mit der Welt des Hochgebirges lernt Fernand, die Anfor-
derungen der Alpinisten besser zu verstehen und einzuschätzen. Was ihnen beispielsweise
fehlt, ist ein mechanisches System, das beim Abseilen die gleiche Funktion erfüllt wie ein
Prusik. Es kommt allzu oft vor, dass dieser Klemmknoten sich an feuchten, gefrorenen oder
zu dicken Seilen verhakt. 1972 entwickelt der Handwerker den ersten Prototypen, der auf
Anhieb das erhoffte Resultat liefert. Dank seines Hebels lässt sich mit diesem redundanten
Sicherungssystem die Seilreibung verschieben Das SHUNT – der englische Ausdruck für
verschieben – wurde in seiner Form nie verändert und ist auch 40 Jahre nach seiner Ent-
wicklung fester Bestandteil des Petzl-Angebots.
Fernand widmet der Ergonomie der von ihm hergestellten Gegenstände besondere
Aufmerksamkeit. Sie müssen sicher, einfach und komfortabel zu bedienen sein. Bei den
Bergsteigern war seinerzeit u.a. die von den Schweizern Jüsy und Marti entwickelte berühmte
Jümar-Seilklemme beliebt. Das Gerät ist eine Art Steigklemme, die sich am Seil hochschiebt
und so den Aufstieg am Fixseil ermöglicht. Die Jümar hat das Leben der Kletterer im Himalaja
verändert, viele beklagen allerdings die Größe und zuweilen auch die Anfälligkeit des Geräts.
1974 wird in der Werkstatt in Saint-Nazaire-les-Eymes eine neue, leichtere Seilklemme
mit Griff hergestellt. Die ZEDEL begleitet 1979 die nationale K2-Expedition und gewinnt
ebenfalls die Gunst der Speläologen.
Diese ersten Erfolge erfordern eine neue Organisation in der Werkstatt. Aber Fern-
and ist im Grunde kein wirklicher Unternehmer. Pierre hilft ihm bei der Entwicklung
der Maschinen und übernimmt einen Großteil der Produktion. Außerdem übernehmen
Lucienne und Pierre am Wochenende den Versand von Paketen an die Kunden, für die
eine Beschaffung vor Ort aufgrund der Entfernung nicht möglich ist. Inzwischen bahnt
sich eine weitaus ehrgeizigere Strategie an. Der Handwerker erreicht bald das sechzigste
Lebensjahr und obwohl er nicht die Absicht hat, sich auf sein Altenteil zurückzuziehen,
ist er dennoch der Ansicht, dass sein jüngster Sohn Paul, mit der Unterstützung von Pierre,
die Geschäfte übernehmen kann. Der Gedanke bahnt sich bereits seinen Weg, als Paul sich
1970 für ein Studium im Maschinenbau einschreibt. Mit knapp 20 Jahren besitzt er bereits
beachtliche unternehmerische Fähigkeiten. Als sich einige seiner Studienkameraden vom
Idealismus der siebziger Jahre mitreißen lassen, sind sie nach seinem Dafürhalten einer
Utopie verfallen. Er hat sich sein eigenes Ziel gesteckt, er will ein Unternehmen gründen
und dieses ungeachtet aller Schwierigkeiten zum Erfolg führen.
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