User manual
22 Logische Zustände
4.7 Glitches
In der Elektronik bezeichnet man mit Glitch eine kurzzeitige Falschaussage in logischen Schaltungen und
temporäre Verfälschung einer booleschen Funktion. Diese tritt auf, weil die Signallaufzeiten der einzelnen
Gatter in der Realität niemals vollkommen gleich sind. Die Anfälligkeit für Glitches steigt mit der Komple-
xität, höheren Taktraten und der Miniaturisierung der Schaltungen, kann aber auch bei sehr einfachen
Schaltungen vorkommen. Sie stellen ein wesentliches Problem bei der Entwicklung moderner elektronischer
Schaltungen und schneller Mikroprozessoren dar.
Beispiel für die Entstehung von Glitches
Die Schaltung
Es sei eine Schaltung gegeben, die drei Eingänge besitzt: x
1
, x
2
und x
3
. Der Ausgang y soll den Wert „1“ liefern, wenn mindes-
tens eine der beiden Bedingungen erfüllt ist:
•x
2
und x
1
sind gleichzeitig „1“ ODER
•x
2
ist gleich „0“ und x
3
gleichzeitig „1“
Trifft nicht wenigstens eine der beiden Bedingungen zu, soll y
den Wert „0“ ausgeben.
Zustand 1 - Die Schaltung liefert wie gewünscht eine 1
Die Schaltung bende sich jetzt in Zustand 1. Laut unseren Vor-
gaben ist die erste Bedingung erfüllt, nämlich x
2
und x
1
sind
„1“. Die Verzweigungen, die die Information „1“ tragen, sind
rot dargestellt. Der Inverter wandelt die eingehende „1“ in eine
„0“ um. Daher lässt die nachfolgende UND-Verknüpfung kein
Signal mehr durch, gibt also eine „0“ aus. Die gesamte Schal-
tung (ODER-Verknüpfung) liefert aber dennoch eine „1“, da die
andere UND-Verknüpfung die „1“ liefert.
Zustand 2 - Inverter verursacht einen Glitch
In Zustand 2 soll x
2
= 0 und x
1
= 1 sein. Die Schaltung soll wei-
terhin eine „1“ ausgeben. Der Inverter benötigt allerdings eine
gewisse Zeit, um die Umwandlung des x
2
-Signals von "0" in eine
„1“ wahrzunehmen. Für kurze Zeit ist sowohl x
2
= 0, als auch x
2
= 0. Dieser Umstand wird so verarbeitet, als ob keine der Bedin-
gungen erfüllt ist und gibt folglich eine „0“ aus. Diese Situation
bezeichnet man als Glitch.
Zustand 3 - Die Schaltung gibt wieder den korrekten Wert aus
Nach einiger Zeit – in der Größenordnung von Nanosekunden
– bendet sich die Schaltung in Zustand 3: der Inverter hat die
neue Information verarbeitet. Die jetzt ausgegebene „1“ läuft
in das UND-Gatter, welches (wieder nach kurzer Verzögerung)
dann auch eine „1“ liefert. Nun gibt die ODER-Verknüpfung bei
y die gewünschte „1“ aus.
Abb. 8: Entstehung von Glitches
In der Praxis existieren Laufzeitunterschiede auch in Gattern desselben Typs oder in unterschiedlich langen
Leitungen. Möchte man den exakten Wert der Funktion wissen, muss man eine entsprechende Zeit warten
bis alle Signale eingeschwungen sind. Diese Tatsache beschränkt wesentlich die Taktfrequenz moderner
Prozessoren.